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Wallfahrtskirche Johannes der Täufer (Bilfingen)
Von Stadtwiki
Die Wallfahrtskirche Johannes der Täufer befindet sich in der Steiner Straße in 75236 Kämpfelbach-Bilfingen. Die Kirche ist dem heiligen Johannes dem Täufer geweiht (er ist der Kirchenpatron). Die Kirche wurde 1968 zur Friedhofskapelle mit Leichenhalle umgebaut, wobei ein Großteil der historischen Innenausstattung verschwand.
Inhaltsverzeichnis |
Geschichte
Bilfingen gehörte den Grafen von Eberstein, die wohl dem von ihnen gegründeten Kloster Frauenalb diejenigen Güter im Dorf schenkten, die Papst Cölestin III. 1193 dem Kloster bestätigte. In den folgenden Jahrhunderten vermehrte Frauenalb planmäßig seinen Besitz und seine Rechte. Im frühen 16. Jahrhundert war das Kloster Alleinherrin über das Doppeldorf Bilfingen—Ersingen. Durch Säkularisation der Benediktinerinnen Abtei 1802 fielen die seither verselbständigten Dörfer an Baden. Die früheste schriftliche Bezeugung der Kirche läßt sich aus der Jahreszahl „1258" auf einem heut e verschwundenen steinernen Reliquiensarkophag ableiten. Unter dem Patronat des Klosters wurde 1415 eine Frühmesse „in sant Johans gnadenrichen Capellen" gestiftet. Diese Wallfahrtskapelle war Filiale der Pfarrkirche von Ersingen. Erst 1495 wurde die Kapelle zu Bilfingen zur selbständigen Pfarrkirche erhoben und der Friedhof um die Kirche angelegt. Die Pfarrei ging 1598 infolge einer früher schon einmal erfolgten Säkularisation des Klosters Frauenalb durch die Markgrafen von Baden, die aber nicht von langer Dauer war, ein. Nach einer kurzen Wiederbesetzung 1729/30 wurde sie erst 1909 als Pfarrkuratie neu errichtet. Nachdem um 1955/57 die Frage der Möglichkeit einer Erweiterung der alten Kirche von der Denkmalpflege verneint worden war, wurde an anderer Stelle des Ortes ein Neubau aufgeführt. Da für die katholische Gemeinde die Unterhaltung zweier Kirchengebäude eine zu schwere Last bedeutete, war der Fortbestand der alten Wallfahrtskirche unsicher geworden. Erfreulicherweise ist die Kirche 1967 dann doch durch den Beschluß gerettet worden, sie als Friedhofskapelle zu nutzen, wobei in ihrem Westteil die notwendigen Anlagen einer Leichenhalle eingebaut werden sollten.
Baugeschichte und -forschung
Die Wallfahrtskirche wurde Anfang des 12. Jahrhundert umgebaut. Es war ein romanischer Bau der Kapelle mit Anbau im Westen. Ende des 15. Jahrhunderts wurde das Gebäude zur gotischen Pfarr- und Wallfahrtskirche umgebaut. Um 1750 erfolgte der Turmumbau. In den Jahren 1789 - 1794 erhielt das romanisch-gotische Langhaus Rundbogenfenster und eine Barockausstattung. 1968 wurde die ehemalige Wallfahrtskirche zur Friedhofskapelle für beide Konfessionen mit Leichenhalle umgebaut.[1]
Nach der Darstellung im Kunstdenkmälerband Pforzheim Landkreis von E. Lacroix, P. Hirschfeld und W. Paeseler, 1938, bestanden die Bauteile der Kirche aus folgenden Bauperioden:
Romanik (13.Jhdt)
Chorturm im untere n Teil und Sakristei 13. Jahrhundert, I Der erste faßbar e Zustand ist ein romanischer Bau. Zu ihm gehören auf der Süd- wie der Nordseite des Langhauses je ein auf eine Länge von etwa 13 m erhaltenes Mauerstück (Abb.), das im Innern des Langhauses festgestellte Fundament seiner Westmauer und als Spolie ein als Quader an der Südostecke des Turmes wiederverwendeter, mit Schachbrettmuster und Kreuz ornamentierter Werkstein (Abb.). Außerdem kamen bei den Ausschachtungsarbeiten für die Heizkanäle einige profilierte Werkstücke zu Tage. Davon soll hier vor allem das Fragment eines Würfelkapitells (Abb.) erwähnt werden. Der Befund der Nordmauer ähnelt in seiner Struktur ganz der durch ein Portal und Fensteröffnungen als romanisch bestimmten Südmauer. Erhalten sind von beiden Mauern die Stücke von den Ausquaderungen im oberen Teil an den Westecken des Langhauses bis zu den Abbruchzahnungen im Osten. Das Mauerwerk besteht aus Sandsteinquadern, die in verschieden hohen Schichten aber ziemlich sorgfältig aufgesetzt sind. Auf der Nordseite sind keine Fenster und Türöffnungen im romanischen Mauerwerk nachgewiesen. Es ist wahrscheinlich, daß diese Seite keine Öffnungen hatte, wie dies im Mittelalter häufig der Fall war. Dagegen konnten wir auf der Südseite ein vollständig erhaltenes, romanisches Rundbogenfenster mit Quaderbemalung auf der Putzfläche der inneren Leibung (Abb.) und figürlicher Bemalung auf der geputzten äußeren Leibung (Abb.) freilegen. Dabei stellte sich heraus, daß die Innenwand in romanischer Zeit in Sohlbankhöhe 14 cm zurückgesetzt war und erst später durch Verblendung auf die einheitliche Dicke gebracht worden war (vgl. Abb.). Von einem zweiten, gleichartigen Rundbogenfenster konnte noch knapp die Hälfte der äußeren Leibung festgestellt werden. Auf der Nordseite war diese Veränderung der Mauerdicke nicht zu erkennen. Entscheidend für die Datierung — die figürliche Malerei in der Fensterleibung weist Dr. Niester in das frühe 13. Jahrhundert — ist die Freilegung des Portales (Abb.) etwas östlich der beiden hochgelegenen Fenster. Auf der Schwelle sind die Gewände mit Werksteinen aufgesetzt. Darüber ruht ein beachtlicher waagrechter Sturz und darauf ein halbkreisförmiges Tympanon. Alle Werksteine haben durch Feuereinwirkung sehr gelitten. Am Fuße des Tympanons war eine lateinische Inschrift, deren linker Teil erhalten ist (Abb.).
Gotik (15. Jhdt)
Ende des 15. Jahrhunderts wurde das Gebäude zur gotischen Pfarr- und Wallfahrtskirche umgebaut. Ob für den heutigen Chorturm romanische Bauteile im Grundriß maßgebend waren, ist nicht sicher. Der als Spolie beim Bau des Turmes wieder verwandte geschachtete Stein steht auf dem Kopf und bezeugt, daß in diesem Baustadium romanisches Abbruchmaterial zur Verfügung stand. Einen massiven Turm hatte der romanische Bau wohl nicht. Da die Eingriffe in den Boden im Innern der Kirche vor der Außeninstandsetzung stattfanden und der neue Betonboden bereits eingebracht war, konnte den Fragestellungen, die sich nach den Entdeckungen an den Außenwänden ergaben, durch eine Grabung leider nicht mehr nachgegangen werden. Mit oder kurz vor der Erhebung der Kapelle zur Pfarrkirche 1495 erhielt die Kirche, abgesehen von dem westlichen Anbau, im wesentlichen ihren heutigen Grundriß. Vielleicht war der Brand der Kapelle Anlaß für die Bauarbeiten der gotischen Periode. Das schwer beschädigte romanische Portal wurde spätestens damals geschlossen und östlich daneben ein durch Mittelpfosten geteiltes gotisches Rechteckfenster eingebaut, dessen erhaltene Umrahmung keine Brandspuren aufweist und dessen Anordnung dicht neben und über dem romanischen Portal eine Weiterbenutzung des Portales unwahrscheinlich macht. Auch die kleinen Rundbogenfenster wurden wohl vermauert. Vermutlich belichteten damals den Raum auch noch zwei weitere Rechteckfenster auf der Südseite, an jenen Stellen, wo sich heute die barocken Rundbogenfenster befinden. In diese Zeit gehört auch das erhaltene, zweigeteilte gotische Rechteckfenster auf der Südseite des Chores. Wahrscheinlich wurde damals der Chorturm von Grund auf erbaut oder neu erbaut. Seine Höhe war niedriger als heute und ist an der Eckquaderung, für die auch viele Bossenquader verwendet wurden, gut abzulesen. Da die Höhe des gotischen Dachfirstes nicht wesentlich geringer angenommen werden kann als heute, war auf dem massiven Unterbau des Turmes wohl noch ein Aufbau, vielleicht aus Fachwerk, vorhanden.
Reifing (S. 91) nimmt aufgrund eines 1647 in der Kirche gefundenen Steines mit dem Wappen des Geschlechtes von Gertringen an, daß der Turm unter der Äbtissin Agnes von Gertringen (1468 bis 1475) erbaut wurde. Der heute flachgedeckte Chor war ursprünglich gewölbt. Der Triumphbogen war sicherlich spitzbogig.
Den Zustand des Langhauses schildert die folgende Beschreibung der Kirche im Jahre 1647:
" „beschreibung der Kürch und der begrabnuß [des hl. Merwinus und des seeligen Kompoldus], die Kürch ist samt dem chor 21 schritt lang [ein Schritt ha t vier schueh; 21 Schritt = 25,2 m], siben schritt breith [sieben Schritt = 8,40 m], das Chor ist vier schritt lang [vier Schritt = 4,80 m] ist vnder dem thurm, der hat ein glockhen, die große glockh, die gespalten worden, haben die in der gemeind in ihrer noth umb ochsen verkaufft, uff der linckhen seithen im eingehen ist die Sacristey, oder rist Kammer. Die Kürchen hat 4 thüren eine gegen mitnacht, eine gegen vndergang der sonnen, zwo gegen mitag, die Kürchen hat alte dickhe mawern, hat einen anstoß und scheinet alß wan derselbig die wohnung [Begräbnisstätte] der heyligen [Merwinus und Kompoldus] vor disem sey geweßen, höcher vom boden alß der fordere theill der Kürchen, diser ahnstoß hat ein borkürchen. In dem Chor auf der seithen des Evangelii seind 2 Sacramentheyßlin, hinder dem Altar ein altes hohes gewölb in der hauptmawern mit einem schafft oder bred vnderschiden mit einem rothen gstrichenen eysernen durchsehenden gatter, darinnen vor dem abfahl vermuthlich beyder heyligen leiber in sarchen aufgehalten geweßen, welcher abfahl gesehen 1600 [nicht 1600, sondern 1598 mit Säkularisation des Klosters Frauenalb durch die Markgrafschaft BadenDurlach]. Die Kürchen hat 5 altär in dem Chor einen zu ehr der Crönung der himelß Königin Maria wie bildnusse des altars ahnzeigen ahn den fliglen inwendig die bildnussen S. M. Magdalena S. Ursula, außwendig der Englisch grues. Ausser dem Chor auf der Sacristey seithen zwen Altär, auf dem einen ist eine Tafel mit den bildnussen der heyligen Stephani, Laurentii und barbara auf dem andern ein Tafel mit Erasmi und St. Sebastiani bildnussen beyde unter einem steinernen gewölb. Das andere scheindt dan die Kürchen und denenselbigen ein handt, das wappen deren Bilfingen. Ldkr. Pforzheim. Alte kath. Kirche von Gertringen [1468—1475 war Agnes von Gertringen Äbtissin in Frauenalb].Auf der anderen seithen seind auch zwen altar der eine S. Joannis des Täufers, auf dem anderen stehet vnser liebe fraw mit dem Kündlein und St. Otmarus auf beiden seiten des gewölbs fenster vnder disem ein Österreich, wappen. Die Kantzel stehet gegen mittag die Kirchen ist vnderstützet mit 4 hölernen säulen hind(er) der anderen ist die begräbnuß der heyl. alda der grabstein mit der sarch geweßen, alwo ietzo der Tauf stein stehet, zw. dem ersten und dem andern ist im ahnfang des schwedischen Kriegs ein graff begraben worden. An der thüren gegen mitternacht steht ein gemahltes altes hülzeneß gewölb auf 4 runden saulen oben mit altem blumenwerckh, ahn dem gewölb auf 4 saulen sind die vier thier des propheten Ezechielis der 4 Evangelisten figur abgemahlt, ob dieses auf dem Grab der heyligen gestanden ist nicht bewußt, allein an der forderen saul hangt an einem Nagel ein schwerer stein mit einer Eysenen Ketten ist bey mans gedenckhen daran gehangen. Die alt sag ist, das ein verruchter söhn geweßen, der seinen leiblichen Vatter mit disem stein hab wollen werfen, im werfen aber sey ihm der stein in der handt gebliben, hab von solchem stein nit ledig Khomen werden, auch nach dem er ahn vnderschidliche orth wallfahrten verricht, biß das er zur begräbnuß der gemelten heyl. Khommen, da sey ihm der stein auß den händen gefallen und zu ewiger gedächtnis zu ehr der heyl. alda aufgehenckht worden und ist dieser in all durchzügen vnuerruckht verbliben. "
Barock (18. Jhdt)
Im Jahre 1749 ließ die Äbtissin Gertrud von Ichtersheim den baufälligen Kirchturm im oberen Teil abtragen. Im folgenden Jahr wurde er auf Kosten der Gemeinde in seiner heutigen Form aufgebaut. Bald darauf war auch das Langhaus erneuerungsbedürftig. 1788 wurde die Kirche geschlossen. Ein Jahr später waren die Arbeiten so weit gediehen, dass die Kirche wieder benutzbar war. Abgeschlossen wurden die Arbeiten 1794. Damals wurden alle gotischen Fenster am Langhaus vermauert oder entfernt. Die Portale wurden durch barocke Portale ersetzt. Der Anbau im Westen wurde zur Kirche hinzugenommen und erhielt auf der Süd- und Nordseite je ein Rundbogenfenster und in der westlichen Giebelwand ein Rundbogenportal und drei Kreisfenster. In die Nordmauer wurden zwei weitere Rundbogenfenster, vielleicht anstelle gotischer Fenster, eingesetzt. Die oberen Schichten der Umfassungsmauern wurden als Auflage für den neuen Dachstuhl erneuert. Nach einem Aktenstück hatte einst diese Kirche 5 Hochaltäre: Der Hochaltar im Chor war zu Ehren der Krönung der Himmelskönigin Maria. Auf den Flügeln waren innen die Heilige Magdalena und Ursula und außen die Verkündigung Mariä gezeigt. Je einen Altar zu Ehren St. Stephanus, St. Laurentius, und St. Barbaras und andere zu Ehren St. Eurasmus und St. Sebastians. Zwei Altäre zu Ehren Johannes des Täufers und der andere zu Ehren "unser lieben Frau mit dem Kindlein" und St. Otmarus. Die Altäre wurden Im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert.
barocker Hauptaltar mit dem Gnadenbild "Unserer Lieben Frau" nach der Renovierung 1936 |
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Moderne (20. Jhdt)
Im Jahr 1968 wurde die Wallfahrtskirche zu Friedhofskapelle mit Leichenhalle umgebaut. Danach blieb von dem Hauptaltar und den Seitenaltären der Nachwelt nichts erhalten. Außer der Marienfigur ist heute alles verschwunden.
Literatur
- Gustav Adolf Reiling: Geschichte der ehemals frauenalbischen Dörfer Ersingen und Bilfingen, Pforzheim 1937, bes. S. 90 ff.
- Emil Lacroix, P. Hirschfeld und W. Paeseler: Kunstdenkmäler Badens Band IX, 7, Amtsbezirk Pforzheim Land, Karlsruhe, 1938.
- A. Vogel: Umbau der alten Pfarrkirche von Bilfingen, in: Konradsblatt 1969, Nr. 33.
- Hans Huth: Die Rettung der alten kath. Wallfahrtskirche bei Bilfingen. Ldkr. Pforzheim, in: Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg / hrsg. vom Kultusministerium Baden-Württemberg, 13.1970, S. 106-114.
- H. Niester: Ein Vierteljahrhundert Denkmalpflege in und um Pforzheim, in: Badische Heimat (Mein Heimatland). 50. Jg., 1970, H. 2/3, S. 325 ff.
- Hermann Diruf, Christoph Timm: Kunst- und Kulturdenkmale in Pforzheim und im Enzkreis. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2002, S. 162.
- Ulrike Kalbaum: Romanische Türstürze und Tympana in Südwestdeutschland: Studien zu ihrer Form, Funktion und Ikonographie, Waxmann Verlag, 2011 (Google Books).
Einzelnachweise
- ↑ vgl. Chronik über Bilfingen